Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus News

Diagnose und Arzneimittel per Telefon – geht das?

Muss ein Tierarzt immer eine Diagnose vor Ort stellen? Oder dürfen Landwirte auch per Telefon Medikamente bestellen? Rechtsanwalt Jürgen Althaus erklärt in der top agrar 2/2017, was möglich ist und was nicht.

Lesezeit: 4 Minuten

Muss ein Tierarzt immer eine Diagnose vor Ort stellen? Oder dürfen Landwirte auch per Telefon Medikamente bestellen? Rechtsanwalt Jürgen Althaus erklärt in der top agrar 2/2017, was möglich ist und was nicht.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Für die Diagnose hätte Bernd Meier eigentlich keinen Tierarzt benötigt: 26 Stunden nach der Geburt der Ferkel bekam das Muttertier schlagartig Fieber, das Gesäuge schwoll rot an, die Sau lag auf ihrem Bauch und wollte den Nachwuchs vor Schmerzen nicht an ihre Zitzen lassen – alles typische Symptome für MMA (Mastitis, Metritis und Agalaktie).


Dennoch hatte er seinen Tierarzt Dr. Matthias Tierlieb angerufen. Der kam wenig später zu ihm auf den Hof, warf einen kurzen Blick auf das kranke Tier, bestätigte die Diagnose MMA und händigte Meier ein Antibiotikum für die Behandlung aus. Auf der Abrechnung später waren An- und Abfahrt teurer als die Behandlung und das Medikament.


Meier fragt sich nun: Muss Tierlieb eigentlich immer zu ihm auf den Betrieb kommen? Schließlich kennt der Arzt den Betrieb und seine Herde seit Jahren. Die Diagnose könnte er doch auch mit seinem Hofarzt am Telefon besprechen oder Fotos und Videos von den kranken Tieren per Mobiltelefon an diesen schicken. Dann bräuchte Meier nur noch die Medikamente aus der Praxis von Tierlieb holen und würde einiges an Kosten sparen.


Was erlaubt ist:


Ferndiagnosen per Telefon oder SMS und die Vergabe von Arzneimitteln, ohne dass ein Arzt die Tiere zuvor untersucht hat – vielen Landwirten würde das entgegenkommen. Allerdings ist der Spielraum der Tierärzte hierbei stark eingeschränkt:

  • Die Abgabe eines apotheken- und somit auch verschreibungspflichtigen Medikamentes durch einen Tierarzt ohne eine vorherige Untersuchung stellt eine Straftat dar. Dafür verantwortlich ist der Tierarzt und nicht der Landwirt.
  • Sie dürfen ein verschreibungspflichtiges Medikament nur von dem Tierarzt erwerben, der Ihren Bestand zuvor auch behandelt bzw. die Erkrankung diagnostiziert hat. Zudem sind Sie verpflichtet, das Arzneimittel nur nach Anweisung Ihres Arztes anzuwenden. Halten Sie sich nicht an diese Regeln, machen Sie sich ebenfalls strafbar und müssen mit einer Geldstrafe und/oder bis zu drei Jahre Haft rechnen.
  • Die Untersuchung durch den Tierarzt muss „ordnungsgemäß“ sein. Dabei kommt es vor allem auf den „angemessenen Umfang“ der Untersuchung an. Dieser kann je nach Lage des Falles aber unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist, dass der Tierarzt – und nur dieser – eine einwandfreie Diagnose stellt. Was eine ordnungsgemäße Behandlung ist, hängt vom Einzelfall ab und wird stets vom Tierarzt entschieden – und nicht vom Tierhalter. Im Einzelfall kann daher auch die Abgabe von Arzneimitteln aufgrund einer telefonischen Beratung oder Austausches per Video möglich sein.
Allerdings nur dann, wenn der Arzt den Bestand kennt und es sich um eine Folgebehandlung handelt. Das heißt, wenn Ihr Arzt zuvor eine Erstdiagnose bei einem Einzeltier oder einer Gruppe gestellt hat, Sie die ersten Medikamente aufgebraucht haben, Nachschub benötigen oder wenn weitere Tiere in einem Bestand krank werden.


Das Bayerische Oberlandesgericht führt in einer älteren aber nach wie vor maßgeblichen Entscheidung dazu aus: „Kennt der Tierarzt den Tierhalter als zuverlässig, kennt er ferner den Stall und den Tierbestand sowie die in diesem in letzter Zeit aufgetretenen Krankheiten von früheren Besuchen und Behandlungen her persönlich, so wird man dem Tierarzt nicht verwehren können, aufgrund eines Telefonanrufes zur Bekämpfung neu erkrankter Tiere Medikamente abzugeben, wenn ihm die Krankheitssymptome ausreichend genau bekannt gegeben worden sind.“ (OLG München, Beschluss vom 14.05.1974; Az.: RREG 4SP 23/74)


Der Arzt entscheidet:


In solchen Fällen können Sie Ihren Tierarzt dabei mit den modernen Medien dann auch unterstützen und ihm Videos und/oder Fotos für die Diagnose zur Verfügung stellen. Allerdings: Der Tierarzt hat „das letzte Wort“. Er entscheidet, was er für die Diagnose benötigt und wie er diese stellt.


Eine telefonische Diagnose bzw. eine Diagnose per Foto oder Video ist im Einzelfall auch dann möglich, wenn Ihr Tierarzt vor Ort beispielsweise in einer Bucht bei Mastschweinen Husten feststellt und entsprechend behandelt. Stecken sich in den kommenden Tagen weitere Tiere an und breitet sich der Husten im Bestand aus, kann im Einzelfall auch eine telefonische Beratung ausreichen.


Wichtig: Ein Tierarzt darf zwar im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen auch Medikamente im Voraus verschreiben, wenn absehbar ist, dass sich die Behandlung hinziehen wird. Das heißt aber nicht, dass Sie sich gleich einen Vorrat für den Fall anlegen dürfen, falls die Erkrankung in den kommenden Monaten noch einmal auftritt.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.